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Übertraining und wie man damit umgeht

Sport ist gesund, kann aber auch krank machen. Sportmediziner Florian Müller erklärt, wie es zu Übertraining kommt, und wie man am besten damit umgeht

Noch eine Kurve, noch ein Sprint, ein paar Übungen noch: Wer sich im Training nicht schindet, wird es im Wettkampf nicht weit bringen. Die Körper von Sportlern sind Stress gewohnt, doch sie brauchen auch genügend Zeit zur Regeneration. Sonst können ein Leistungsabfall, erhöhter Puls, Müdigkeit und Gereiztheit das Ergebnis sein, und der Bewegungsapparat sogar Schaden nehmen. „Gerade bei Läufern im Alter zwischen 16 und 30 Jahren ist Übertraining ein weit verbreiteter Fehler“, sagt Sportmediziner Florian Müller, früher selbst Staatsmeister in der Drei mal 1000-Meter Staffel für die SPORTUNION Salzburg, erfolgreicher Cross-Läufer und Ärzteskiweltmeister. Heute behandelt er als Facharzt für Orthopädie und Traumatologie in einer Gemeinschaftspraxis mit drei anderen Medizinern viele Sportler. Mit im Team sind auch langjährige Betreuer von ÖSV- und ÖFB-Mannschaften.

Wichtig, die Ursache zu finden

Zunächst seien bei einem Übertraining Muskeln und Herz-Kreislaufsystem überlastet, erzählt Müller. „Problematisch wird es, wenn man dann nicht auf die Warnsignale des Körpers hört sondern einfach weitermacht – weil es die Trainer oder der Ehrgeiz so wollen.“ Vor kurzem kam einer der besten Nachwuchs-Langstreckenläufer in seine neue Praxis in der Alpenstraße und klagte über Schmerzen, seit Wochen. Eine sofortige Magnetresonanz-Untersuchung, auf die man normalerweise lange warten müsste, zeigte einen Ermüdungsbruch des Fersenbeins. Zu viel Training hatte einen Haarriss im Knochen verursacht. „Ich schaue dann, dass ich in Absprache mit dem Trainer einen Mittelweg finde, damit der Sportler gesund werden und seine Saison retten kann.“ In diesem Fall nahmen Aquajogging und Radfahren den schädlichen Reiz vom Bein und ermöglichten eine rasche Erholung.

„Wichtig ist es, die Ursache des Problems zu finden“, sagt Müller. „Auch eine Achsenfehlstellung kann zum Beispiel Stress im Bein auslösen, dann helfen oft neue Schuhe oder Einlagen. Jedenfalls braucht es die richtige Strategie.“ Mehr als die Hälfte seiner Arbeit bestehe darin, gemeinsam mit den Patienten Konzepte für ihre Heilung zu erarbeiten, da diese auch selbst dafür Verantwortung übernehmen müssten: „Das ist enorm wichtig. Von oben herab einseitig Dinge zu verordnen, das war einmal. Man muss auf Augenhöhe sprechen und Vertrauen aufbauen.“
In einem anderen Fall erlitt der Schwimmer Demir Muhamedbegovic kurz vor einem Trainingslager einen knöchernen Ausriss der Strecksehne des Fingers: Mit einer Spezialschiene und klaren Vorgaben konnte er dennoch trainieren. Im normalen Krankenhaus wären ihm wohl sechs Wochen Pause verordnet worden.

Keine Wunderdinge versprechen

Als Facharzt im Salzburger Unfallkrankenhaus spezialisierte sich Müller auf Hand- und Fußchirurgie sowie die konservative Therapie von Sportverletzungen. Alternative Behandlungsmethoden – wie mit Stoßwellen oder Eigenblut – würden oft gute Ergebnisse erzielen. „Man darf den Leuten aber trotzdem keine Wunderdinge versprechen. Die wichtigste Zutat für Heilung ist oft Zeit. Das hören viele Trainer und Sportler nicht gerne.“ Ein gebrochenes Handgelenk etwa brauche einfach sechs Wochen Zeit um zu heilen: „Daran können auch Spritzen oder eine spezielle  Ernährung nichts ändern.“

Verschiedene Studien zeigen, dass im Leistungssport zumindest ein Drittel der Athleten Symptome eines Übertrainings zeigen. Allerdings kennen Leistungssportler ihren Körper in der Regel sehr gut und haben oft guten Zugang zu professioneller medizinischer  Betreuung. Bei Hobby-Athleten ist das oft anders. Deshalb sollten sie auch besser aufpassen und auf ihren Körper hören. Bei ersten Symptomen von Überbelastung, wie Gelenksschmerzen, helfen bereits Hausmittel. Ein Topfenwickel, das Auflegen von Eis oder das Einbandagieren zum Verhindern einer Schwellung. Eine ausgewogene Ernährung, viel Schlaf und viel Flüssigkeit – und ausreichend lange Pausen. „Weniger ist oft mehr“, sagt Müller. „Erfolg im Sport ist am Ende nicht immer das Wichtigste. Ich würde sagen, die Gesundheit sollte auf lange Sicht Vorrang haben.“

(erschienen im Magazin Union News, No. 162)